Zusammenfassung

Acinetobacter baumannii (A. baumannii) ist ein krankmachendes Bakterium. Es ist ursächlich für eine Vielzahl von Krankenhausinfektionen mit erhöhtem Sterberisiko. Dieser Keim ist auf der Haut von Menschen zu finden. Im Falle von Wundinfektionen immungeschwächter und älterer Menschen kann A. baumannii in den Blutkreislauf gelangen und weitere bedrohliche Infektionen verursachen.

Eine systemische Antibiotika-Behandlung ist bei diesem Keim äußerst schwierig. Multiresistente A. baumannii weisen immer häufiger Resistenzen gegenüber 3 und sogar 4 Antibiotika-Gruppen auf und können nur unter großen Schwierigkeiten bekämpft werden. Die Vermeidung einer Infektion mit diesem Keim, beispielsweise durch die indirekte Übertragung in Kontakt zu Oberflächen, ist daher umso wichtiger.

Der in Hygienevorschriften vorgeschriebene Einsatz von Desinfektionsmittel ist oftmals nicht ausreichend und birgt Nachteile für die Gesundheit von Menschen und der Beständigkeit von Oberflächen. Es gibt weitere antimikrobielle Systeme zum Einsatz gegen Bakterien, Viren und Pilze. Das Singulett-Sauerstoff-basierende-Oberflächenbeschichtungssystem hat sich dabei als sehr vorteilhaft gezeigt.

Steckbrief Acinetobacter baumannii

Aussehen und Vorkommen

Acinetobacter baumannii (A. baumannii) ist ein stäbchenförmiges, gram-negatives Bakterium, das im stationären Wachstum auch Kokken ausbilden kann. Dieses Bakterium besitzt keine Flagellen und wurde daher als akinetisch (unbeweglich) eingestuft. Daraus leitet sich der Name Acinetobacter ab.

Das Bakterium wächst in Gegenwart von Sauerstoff und gilt als aerober Nonfermenter, der nicht zur Gärung fähig ist.

Acinetobacter baumannii ist Bestandteil der natürlichen Hautflora von Menschen und Tieren. Es ist ebenfalls in Insekten, auf Pflanzen, im Wasser und Boden zu finden. In Klinikabwässern konnte dieser Keim ebenso nachgewiesen werden.

Infektion – Acinetobacter baumannii

Acinetobacter baumannii ist sehr häufig ursächlich für nosokomiale Infektionen (eine im Krankenhaus oder Pflegeeinrichtung erworbene Infektionen) und ist dabei oft auf Intensivstationen anzutreffen

Als Auslöser für Pneumonien, Bakteriämien (A. baumannii befindet sich im Blutkreislauf) und Wundinfektionen als auch Harnwegsinfektionen, trägt dieser humanpathogene Keim (Menschen krankmachend) zu einer Erhöhung des Sterberisikos bei.

Antibiotika-Resistenzen – Acinetobacter baumannii

Acinetobacter baumannii bildet häufig Resistenzen gegen Antibiotika aus. Daher zählt er zu den ESKAPE Pathogenen (Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa und Enterobacter-Spezies).

Die Widerstandsfähigkeit eines gram-negativen Bakteriums gegenüber Antibiotikagruppen wird durch den MRGN-Grad (Multi-Resistente Gram-Negative Bakterien) angezeigt. Man unterscheidet bei A. baumannii zwischen 3MRGN und 4 MRGN. 3MRGN sind gegen drei von vier Antibiotikagruppen resistent, während 4MRGN – Bakterien gegen alle vier Antibiotikagruppen resistent sind. In deutschen Kliniken ist der Anteil 4MRGN bei A. baumannii gestiegen.

Übertragungswege – Acinetobacter baumannii

A. baumannii wird durch direkten und indirekten Kontakt mit Materialien, Oberflächen und Händen übertragen. Eine Tröpfcheninfektion mit diesem Keim über die Luft ist ebenso möglich.

Grundsätzlich ist dieser pathogene Keim gut an die Krankenhausumgebung angepasst und kann sich somit schnell verbreiten. Acinetobacter baumannii besitzt ein höheres Übertragungspotenzial als Staphylococcus aureus.

Schutzmaßnahmen – Hygienevorschriften mit Grenzen

Problematisch ist Acinetobacter baumannii insbesondere, da das Bakterium eine hohe Umweltresistenz vorweist und Krankenhausinfektionen verursacht, die therapeutisch schwer behandelbar sind.

Antibiotische Therapiemöglichkeiten sind aufgrund der starken Antibiotikaresistenz oftmals mit großen Schwierigkeiten verbunden. Resistenzen gegen Carbapenem-Antibiotika erschweren eine Therapie. In der Folge kann eine Antibiotika-Kombination aus Colistin und Amikacin oder das 2019 entdeckte Breitbandantibiotikum Halicin zum Einsatz kommen.

Als Quelle der Ausbreitung von A. baumannii identifizierte man die unzureichende Händehygiene, die das Robert Koch-Institut betont. Entgegen seiner namensgebenden Bezeichnung konnte gezeigt werden, dass sich A. baumannii entlang feuchter Oberflächen bewegen kann. Bei mangelhafter hygienischer Aufbereitung von Putztüchern und Wischbezügen besteht die Gefahr, dass sich Bakterien und Viren sehr schnell verbreiten können. Dadurch werden Keime auf zuvor hygienisch reinen Oberflächen verteilt. Durch die unsachgemäße Flächenreinigung und Flächendesinfektion wird die Weiterverbreitung der Erreger begünstigt.

Ein weiteres Problem des häufigen Desinfizierens zeigt sich, wenn Oberflächen rissig oder brüchig werden, da die Materialien nicht für das regelmäßige Desinfizieren ausgelegt sind und Schäden davontragen können. Darüber hinaus können Desinfektionsmittel Allergien und Hautreizungen hervorrufen und auch die gesunde Hautflora zerstören.

Antimikrobielle Systeme – sinnvolle Ergänzung zur Hygiene

Ein vorgeschriebenes Hygienekonzept genügt meist nicht, um eine Ausbreitung multiresistenter Keime einzudämmen. und damit die Übertragung auf geschwächte und ältere Menschen zu unterbinden. Antimikrobielle Systeme unterstützen die Hygienemaßnahmen in hygienisch sensiblen Bereichen. Zu vergleichen sind verschiedene Mechanismen zur Verminderung der Keimlast von UV-C-Strahlung und Ozon über Oberflächen-basierende antimikrobielle Systeme.

UV-C-Strahlung

UV-C-Strahlung mit einer Wellenlänge von 222 nm oder 254 nm bietet das Potenzial, Oberflächen keimfrei zu machen, indem die Strahlung Keime schädigt und sie so inaktiviert.

Ozon

Als ein durch die UV-C-Strahlung entstehendes, sehr reaktives, toxisches Gas wirkt Ozon ebenfalls schädigend auf die Zellwand der Mikroorganismen und konnte somit die Keimlast reduzieren.

Polymere

Polymere, besser bekannt als Kunststoff, sind chemische Verbindungen, die durch ihre Ladung Bakterien abtöten können. Das bedeutet, dass sie in eine Wechselwirkung mit der negativ geladenen Zellmembran des Bakteriums treten und dadurch das Bakterium stirbt.

Silber

Vor allem Nanosilber findet aufgrund seiner keimtötenden Eigenschaften Verwendung in Hygieneprodukten. Kommt Nanosilber mit Feuchtigkeit in Kontakt, setzt es durch Oxidation Silberionen frei, die in die Zellmembran eindringen.

Titandioxid

Eine antimikrobielle Wirkung weisen Titandioxid (TiO2) enthaltene Oberflächenbeschichtungen in Kombination mit UV-Strahlung auf. Durch das physikalische Verfahren der Photokatalyse produziert Titandioxid Radikale, die Keime abtöten.

Singulett-Sauerstoff

Singulett-Sauerstoff hat als hochreaktiver Sauerstoff bereits eine lange Tradition in der Behandlung von Tumoren. Oberflächenbeschichtungen auf Basis von Singulett-Sauerstoff töten Viren, Bakterien und Pilze sowie Sporen durch das physikalische Verfahren der Photokatalyse ab und nutzt dazu ein in der Beschichtung enthaltenes Enzym.

Praxis-Vergleich – Singulett-Sauerstoff Beschichtung vs. andere Schutzmaßnahmen

Im Praxis-Vergleich werden Verarbeitung, Beständigkeit, Oberflächenschutz sowie antimikrobielle Wirksamkeit, Resistenzbildung, Gesundheitsrisiken als auch Umweltfreundlichkeit beleuchtet.

Verarbeitung von Oberflächenbeschichtungen

Im Gegensatz zur Desinfektion trägt man bei der Oberflächenbeschichtung etwas auf die Oberfläche auf und beim Desinfizieren trägt man etwas von der Oberfläche ab. Desinfektionsmittel müssen täglich aufgetragen werden, damit sie ihre Wirkung beibehalten. Antimikrobielle Oberflächenbeschichtungen auf Singulett-Sauerstoff-Basis hingegen wirken langfristiger und müssen in längeren Intervallen (z. B. 12 Monate) erneuert werden.

Beständigkeit von Oberflächenbeschichtungen

Der übermäßige Gebrauch von Desinfektionsmitteln greift Oberflächen an, sodass sie schneller altern. UV-C-Strahlung schädigt ebenfalls die Oberfläche. Im Vergleich dazu ergänzen Singulett-Sauerstoff Beschichtungen Desinfektionsmaßnahmen, indem sie einerseits die Keimlast reduzieren und andererseits die Oberfläche nicht angegriffen wird.

Wirksamkeit antimikrobieller Oberflächen

Eine permanente Befreiung von Keimen mit Hilfe der UV-C-Strahlung lässt sich schwierig in der Praxis umsetzen, da die UV-C-Strahlung direkt auf die Oberflächen auftreffen muss, um ihre antimikrobielle Wirkung zu entfalten. Schattenseiten bleiben von der Strahlung unberührt.

Da Silber in verschiedenen Formen vorkommt, sind Silberbeschichtungen antimikrobiell wirksam, wenn sie in einer feuchten Umgebung sind, da sich dann erst die Silberionen neu formieren. Auf Türen ist eine Beschichtung auf Silberbasis weniger geeignet. Nichtsdestotrotz wird Silber für antimikrobielle Zwecke bei Kathetern eingesetzt.

Durch Biozide, wie Desinfektionsmittel, wird durch den Einsatz Tabula rasa auf der Oberfläche gemacht. Allerdings gelangen Keime nach dem Trocknen des Desinfektionsmittels direkt wieder auf die Oberflächen. Dahingehend eignen sich Biozide nicht für eine permanente Wirksamkeit ohne Hygienelücken.

Singulett-Sauerstoff basierende Oberflächenbeschichtungen sind für den flächendeckenden Einsatz geeignet, da Licht (z. B. Raumlicht) die Wirkung der Beschichtung unterstützt. Da die Wirksamkeit nicht von einer feuchten Lösung abhängig ist, eignet sich diese Beschichtung sowohl für trockene als auch für feuchte Oberflächen.

Resistenzbildung bei Oberflächenbeschichtungen

Resistenzen können bei Singulett-Sauerstoff-Oberflächen quasi nicht entstehen, da es auf einem physikalischen Verfahren beruht, während Mikroorganismen bei Silber sowie Bioziden (z. B. Desinfektionsmitteln) Resistenzen ausbilden können.

Gesundheitsrisiken bei antimikrobiellen Systemen

Als nachteilig stellt sich bei Titandioxidbeschichtungen heraus, dass Titandioxid krebserregend sein kann, wie die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) feststellte, was auch dazu geführt hat, dass in Frankreich Titandioxid (Lebensmittelzusatzstoff E171) nicht mehr bei Lebensmitteln zum Einsatz kommen darf.

Da Silberionen hochreaktiv sind, können sie sich an Proteine binden, Veränderungen der Zellwandstruktur verursachen – bei gewissen Konzentrationen mit gesundheitlichen Folgen, wie Herzrhythmus- und Entwicklungsstörungen.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) warnt zudem vor den Einsatzrisiken einer UV-C-Strahlung (100-280 nm), da sie laut der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) für den Menschen krebserregend sein kann.

Bei Desinfektionsmitteln muss auf die Lebensmitteltauglichkeit geachtet werden, da Desinfektionsmittel aggressive chemische Stoffe sind, die dem Körper Schaden zufügen können.

Ein Risiko für die Gesundheit ist bei Singulett-Sauerstoff basierenden Beschichtungen nicht bekannt.

Umweltfreundlichkeit antimikrobieller Systeme

Biozide

Biozide beeinträchtigen die Umwelt und haben insofern weitreichende Folgen, als dass sie über den Wasserkreislauf sich überall in der Umwelt verteilen und ihre Wirkung weiterhin entfalten.

Silber

Kläranlagen haben Schwierigkeiten, Nanopartikel herauszufiltern, sodass diese ins Trinkwasser gelangen können. Insbesondere für Fische und andere Meerestiere ist Nanosilber giftig und tötet zudem auch nützliche Bakterien ab.

Polymere

Synthetische Polymere, wie beispielsweise Mikroplastik, schaden der Umwelt, da neue Lebensräume für Mikroorganismen geschaffen werden, die sich von der Umgebung unterscheiden. Zudem wird Mikroplastik von Lebewesen aufgenommen und wird entlang der Nahrungskette weitergegeben und sogar physiologische Prozesse stören.

Singulett-Sauerstoff

Da eine Sol-Gel-Beschichtung mit Singulett-Sauerstoff u.a. keine Schadstoffe an die Umwelt abgeben und zu entsorgende Materialien problemlos im Hausmüll entsorgbar sind, kann eine Singulett-Sauerstoff-Beschichtung umweltfreundlich eingesetzt werden.

Fazit

Festzuhalten ist, dass es unterschiedliche Lösungen gibt, um Bakterien, wie A. baumannii, zu inaktivieren. Antimikrobielle Systeme weisen entscheidende Vorteile bei der Bekämpfung von krankheitserregenden Keimen auf. Dennoch müssen ebenfalls die Nachteile berücksichtigt werden.

Singulett-Sauerstoff basierende Beschichtungen weisen in allen genannten Aspekten Vorteile auf, die sich in der Praxis gezeigt haben.  Das entscheidende ist, dass dieses Beschichtungssystem keine Resistenzen hervorruft zugleich einen permanenten Schutz der Oberflächen bietet. Der Allrounder unter den Beschichtungssystemen hat keine negativen Auswirkungen weder auf die Umwelt noch auf die Gesundheit.

Weitere nicht im Text verwendete Quellen

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