Wie sieht der Zusammenhang und Wirkmechanismus aus?

Die Durchführung der antimikrobiellen Photodynamik erfordert drei Komponenten: einen photodynamischen Katalysator, sichtbares Licht und Sauerstoff. Durch den physikalischen Prozess der Energieumwandlung wird aus sichtbarem Licht und molekularem Sauerstoff der Wirkstoff Singulett Sauerstoff erzeugt. Singulett Sauerstoff zerstört Mikroorganismen mittels Oxidation von zellulären Bestandteilen wie Lipide und Proteine.

Wie ist der photodynamische Katalysator zu bewerten?

Die toxikologische Erstbewertung wurde anhand von Literaturdaten im READ-Across Verfahren chemisch ähnlicher Moleküle und des Ausgangsstoffs durchgeführt. Der Literaturabgleich lässt auf eine niedrige systemische Toxizität ableiten und schließt kanzerogenes Potential der Katalysatoren aus. Die Reizwirkung, das mutagenen Potential und die sensibilisierenden Wirkung wurden durch Testungen bei zertifizierten Labors nach OECD Standard nach GLP untersucht:

UntersuchungVerfahrenErgebnisSchlussfolgerung
HautreizungEpiDermOECD 439negativKeine Hautreizung oder Ätzwirkung
AugenreizungEpiOcularOECD 492negativKeine Augenreizung oder Ätzwirkung
Mutagene WirkungAMESOECD 471negativNicht mutagen, kein CMR Stoff
Sensibilisierende WirkungLLNAOECD 429, DIN 10993-10negativKeine allergieauslösende Wirkung
Systemische Toxizität (oral)Read AcrossLiteraturniedrigAcute Tox. 4
Kanzerogene WirkungRead AcrossLiteraturKeines erwartetNicht kanzerogen, kein CMR Stoff

Tabelle 1: Übersicht toxikologische Untersuchung und Bewertung

Die Ergebnisse erlauben eine niedrige toxikologische Einstufung des Katalysators. Hinweise auf Brand- und Explosionsgefahren oder oxidierende Wirkung existieren nicht.

Zusammengefasst:

  • Kein CMR-Stoff, keine „substance of high / very high concern” (SVHC)
  • Nicht explosionsgefährlich oder oxidierend (eigene Messung, Schmelzpunkt)
  • WGK 2 (Selbsteinstufung aus Literaturdaten Read-Across, wahrscheinlich niedriger)
  • Orale Toxizität: Acute Tox. 4, H302 (Selbsteinstufung, in-silico & Read-Across)

„Acute Tox. 4“ bedeutet dabei die niedrigste Einstufung hinsichtlich oraler Aufnahme und wurde früher als „mindergiftig“ bezeichnet. Die Angabe bezieht sich auf den reinen Katalysator. In den darauf basierenden Produkten wird der Stoff verdünnt eingesetzt und eingebunden. Er stellt für den Anwender keine Gesundheitsgefahr dar.

Wie ist der Wirkstoff Singulett Sauerstoff zu bewerten?

Die Katalysatoren von Dyphox generieren ausschließlich Singulett Sauerstoff: eine relativ langlebige aktivierte Spezies, die mild oxidierend wirkt und den Vorteil besitzt die höchste Reichweite aller aktivierten Sauerstoffspezies zu haben. Im Gegensatz zu Titandioxid und anderen oxidischen Partikeln ist für die Generierung dieses aktiven Agens via Katalyse durch Dyphox der umliegende Luftsauerstoff und sichtbares Licht ausreichend. Die Methode bedarf keiner zusätzlichen Feuchtigkeit oder Aktivierung durch UV-Licht.

Singulett Sauerstoff ist sehr kurzlebig und wird in Wechselwirkung mit anderen Molekülen wieder sehr schnell deaktiviert. Seine Lebensdauer wird mit t1/2 angegeben und beträgt je nach Umgebung nur Nanosekunden bis Millisekunden. Dementsprechend liegt die Reichweite von Singulett Sauerstoff in einem Bereich von wenigen Nanometern bis etwa einem Millimeter.

Die Art und Weise wie Singulett Sauerstoff seine Anregungsenergie abgibt kann entweder strahlend in Form eines Photons mit λ = 1270 nm oder durch nichtstrahlende Prozesse erfolgen. Die nichtstrahlenden Prozesse sind mit über 99% Wahrscheinlichkeit dominant. Bei nichtstrahlenden Prozessen wird Energie oder Ladung vom Singulett Sauerstoffs an benachbarte Moleküle (Quencher) übertragen und das angeregte Sauerstoffmolekül kehrt in seinen Grundzustand zurück. Es kann zu folgenden drei Prozessen kommen:

  1. der Quencher geht in einen angeregten Zustand über, welcher unter Abgabe von Wärme deaktiviert wird. Dieser Vorgang findet insbesondere in Lösungsmitteln statt.
  2. der Quencher überträgt an Singulett Sauerstoff eine Ladung
  3. der Quencher und Singulett Sauerstoff gehen eine chemische Bindung ein

Wird Singulett Sauerstoff in oder an lebenden Organsimen eingesetzt, sind die Quencher Biomoleküle in zellulären Strukturen wie Proteine und Lipide und die Deaktivierung erfolgt über den Weg (3) z.B. als Lipid-Peroxidation. Dadurch werden zelluläre Strukturen z.B. von Mikroorgansimen zerstört, was zum Zelltod führen kann. Ob der Zelltod erreicht wird, hängt von der Menge an gebildeten Singulett Sauerstoff ab.

Singulett-Sauerstoff greift als Elektrophil Doppelbindungen in einer EN-Reaktion oder [2+2] Cycloaddition an. Das entstandene Addukt lagert sich um und führt letztendlich zur Bindungsspaltung in Ketone, Aldehyde bzw. deren Oxidationsprodukt Carbonsäure. Diese Reaktionen funktionieren umso effizienter je elektronenreicher und je weniger sterisch gehindert die Doppelbindung ist. An aromatischen konjugierten Systemen ist die Reaktion erschwert. In Folge werden exocyclische Doppelbindungen, Membranbausteine der Bakterien, elekronenreiche Amine und Schwefelverbindungen angegriffen. Polymere, aromatische Systeme und ähnliche Verbindungen werden geschont.

Der Wirkstoff Singulett Sauerstoff wird nur „in-situ“ produziert. Aufgrund der kurzen Reichweiten und kurzen Lebensdauern von Singulett Sauerstoff sind keine toxikologischen Testungen möglich, wie sie mit den üblichen bioziden Wirkstoffen durchgeführt werden, welche aus langlebigen chemischen Verbindungen bestehen. Zudem kann Singulett Sauerstoff nur andere Strukturen schädigen, die seinem Diffusionsbereich von weniger als 1 mm liegen.

Wie ist die Dyphox-Beschichtung zu bewerten?

Die aufgebrachte Beschichtung ist toxikologisch nicht bedenklich. Eine Messung der Zytotoxizität des ausgehärteten Lacks nach DIN 10993-5 war unauffällig. Es wurden „Leachables“ und „Extractables“ per GC bestimmt, d.h. die Menge an flüchtigen und auswaschbaren Stoffen bestimmt. Die freigesetzte Menge des Katalysators und Monomere aus der schichtbildenden Komponente lagen deutlich unter der Nachweisgrenze der Methode.

Der Wirkstoff Singulett Sauerstoff wird vom Katalysator in der Beschichtung erzeugt und kann entweder durch die Prozesse (1) – (3) (siehe vorheriger Abschnitt) deaktiviert werden oder per Diffusion die Beschichtung verlassen. Verlässt Singulett Sauerstoff die Beschichtung, kann er erstens durch Quencher in der Luft (Sauerstoff, Stickstoff, etc.) deaktiviert werden. Die Lebensdauer in der Luft oberhalb der Beschichtungen liegt bei etwa t1/2 = 24 ms und die Reichweite von Singulett Sauerstoff in reiner, trockener Luft kann mit maximal etwa 1 mm abgeschätzt werden. Es kommt also zu keiner Verbreitung des Wirkstoffs Singulett Sauerstoff im Raum.

Zudem kann Singulett Sauerstoff die auf der Beschichtung anwesenden Mikroorganismen erreichen, und diese mittels Oxidation zerstören oder auf Feuchtigkeit in der Luft oder auf der Oberfläche treffen. In diesen Fällen ist die Reichweite von Singulett Sauerstoff erheblich kleiner als 1 mm, bei einer Auflagerung von Mikroorganismen in Feuchtigkeit sollte die Reichweite wieder 25 μm oder sogar kleiner sein.

Fällt kein Licht der geeigneten Wellenlänge auf die Beschichtung, wird kein Singulett Sauerstoff produziert. Bei Berührung der Beschichtung wird die betroffene Fläche abgedeckt oder zumindest abgedunkelt, es wird kein und nur noch wenig Singulett Sauerstoff erzeugt.

Eine entsprechende Risikobewertung und Betrachtung der möglichen Expositionsszenarien wurde in Zusammenarbeit mit Toxikologen erstellt. Sie kommt zu dem Ergebnis die Dyphox-Beschichtung ist kein Gefahrstoff im Sinne der CLP-Verordnung und für den Menschen gesundheitlich unbedenklich.

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